EL84/6P14P Röhrenendstufe im UL Betrieb

Eine Messtechnische Bewertung, durch Dipl.- Ing. Wolfgang Trinks.

Karlsruhe den 04.05.2023

Ausgangs-Situation:

Ich habe vor 2 Jahren einen kompakten Verstärker mit der ECL86 entworfen und gebaut. Nachdem das Klangbild sehr zufriedenstellend für so eine "Mini-Röhre" war, habe ich das ganze nochmal „erwachsen“, also mit EL84/6P14P und ECC83 realisiert. Der Verstärker arbeitet in Class-A, in Ultralinear-Betrieb und hat zusätzlich eine über alles Gegenkopplung. Es ist ein ehrlicher 2W Verstärker (THD <0,6%, 30Hz - 20kHz) mit Reserve bis 3W+ bevor die Übersteuerung einsetzt. Als Netzteil wurde eine MOSFET Stabilisierung gewählt, die sonst übliche Drossel konnte entfallen, da das Netzteil eine 100Hz Unterdrückung von mehr als 100dB gewährleistet. In Folge dessen ist sowohl S/N, wie auch die Stereo-Kanaltrennung besser als 85dB bezogen auf 1W Ausgangsleistung an 8 Ohm.

Die mir bekannten einschlägigen Publikationen über das Thema Ultralinear wurden mit dem Ziel verfasst final die Anwendung in Verstärkern mit Gegentakt Endstufen zu bewerten. Nun hat mich interessiert den Ultralinear-Betrieb messtechnisch bei der von mir gebauten Eintakt Endstufe zu erfassen.

Um eine Rückwirkung auf die Treiberstufe am Signaleingang der Endstufenröhre sicher auszuschließen wurde mit dem Signalgenerator direkt in das Gitter der Endröhre niederohmig eingespeist und die Endstufe wurde als einzelne Baugruppe vermessen.

Die Dimensionierung zusammen mit dem Ausgangs Übertrager macht aus dieser Baugruppe einen Impedanzwandler mit einer Spannungsverstärkung von eins. Also 4Vrms am Gitter der Endröhre entsprechen 4Vrms an der 8 Ohm Last. (ist natürlich Zufall, aber schön, denn dann findet die eigentliche Spannungsverstärkung von der Systembetrachtung her in der ECC83 statt, die Treiberröhre ist also die VAS).

Als Ausgangs-Übertrager dient ein EDCOR GXSE15-8-5K und alternativ ein Lundahl 1663. Die Wirkungsgrade beider Übertrager unterscheiden sich, für den EDCOR mit EI Kern und 100mA Gleichstromtoleranz wurde ein Wirkungsgrad von 87% ermittelt, für den Lundahl, der einen C-Core hat und für 50mA Gleichstromtoleranz eingestellt ist (und damit einen kleineren Luftspalt hat) ein Wirkungsgrad von 95%. Der unterschiedliche Wirkungsgrad wurde für die Messungen nicht gesondert berücksichtigt, da er die Ergebnisse nicht relevant beeinflusst hat. Der EDCOR stellt einen 40% UL-Ausgang zur Verfügung, der Lundahl 33%, 50% und 66%, wobei nur die ersten beiden berücksichtigt wurden.

Messungen:

Schauen wir uns zunächst die Ausgangs-Leistung über die Eingangs-Spannung für die drei Betriebsarten an. Das überrascht nun nicht wirklich, die Pentode hat die größte Verstärkung dann kommen die UL-Varianten und am Schluss der Trioden-Mode.

Jetzt betrachten wir den gesamt-Klirrfaktor (THD) aller Betriebsarten. (k2 - k4) UL bewegt sich, wie zu erwarten mit zunehmender Prozentzahl des UL-Abgriffs immer mehr von Pentode zu Triode, die verfügbare Leistung bis zur Übersteuerung geht dabei kontinuierlich zurück. Aufgrund ihrer geringen Verstärkung macht der Trioden Betrieb kein wirklich gutes Bild, da die EL84 doch recht bald an die Gitter-Aussteuer-Grenze kommt. Hier sieht es aus, als wenn der Pentoden Betrieb allen anderen einfach überlegen ist.

Um das zu prüfen werden im Folgenden die THD-Komponenten k2/3 in der jeweiligen Betriebsart vermessen.

Und hier wird es nun interessant:

Die Triode macht wie zu erwarten so gut wie kein k3, die Pentode wirft oberhalb 2W gerade so damit um sich. Der UL Mode bietet eine ordentliche Verstärkung bei Minimierung des K3 Anteils.

Bewertung:

Der Ultralinear Betrieb transformiert k3 in k2, eine generelle Reduktion des THD konnte ich in dieser Messung mit den gegebenen UL-Abgriffen nicht beobachten.

Er reduziert die Anteile von k3, dafür entsteht mehr k2. Die THD (Total Harmonic Distorsion) bleibt nahezu konstant. Die Wirkung ist umso größer je weiter der Abgriff im AÜ in Richtung der Anode liegt. Damit also je höher der angegebene Prozentsatz des UL Abgriffes ist.

Gleichzeitig wird die Verstärkung der Pentode durch immer mehr Gegenkopplung reduziert. Das wäre zunächst nicht dramatisch, aber in Folge beschränkt die Aussteuer-Reserve am Gitter die erzielbare Leistung.

Es kommt also darauf an den besten Kompromiss zwischen Ausgangsleistung und Reduktion des k3 zu finden. In den oben dargestellten Diagrammen stellt der Lundahl 1663 mit 33% UL diesen dar, gefolgt vom EDCOR mit 40%.

Bei Push Pull Verstärkern löschen sich geradzahlige Klirrkomponenten im Ausgangs Übertrager aus, wohingegen ungeradzahlige sich addieren. Die Reduktion der k3 Anteile durch den UL-Betrieb ist hier äußerst vorteilhaft. Sie entwickeln zudem in der Regel mehr Leistung als ein Eintakt Verstärker, daher kann die Leistungsreduktion leichter hingenommen werden.

Bei Eintakt Verstärkern bietet der UL-Betrieb ebenfalls klangliche Vorteile durch die Möglichkeit k2 gegen k3 einzutauschen. Die Leistungsreduktion muss aber beachtet werden.

Bei einem Verstärker mit Über Alles Gegenkopplung muss der k3 der Pentode nicht von vornherein als Ausschlusskriterium gesehen werden, denn die Gegenkoppelung kompensiert auch k3, zumal die Pentode eine höhere offene Kreisverstärkung gegenüber der UL-Betriebsart bietet.

Wenn man aber die Gegenkopplung begrenzt, um etwas Harmonische (k2) zuzulassen und damit etwas, das den Klang eines Röhrenverstärkers ausmacht hat man im Fall des Pentoden Betriebs neben k2 auch k3 Anteile im Klangspektrum.

In der Literatur wird beschrieben, dass die Ultralinear Betriebsart auch schon bei Abgriffen mit geringen Prozentzahlen die Ausgangsimpedanz der Pentode nahezu vollständig auf die niederen Werte der Triode transformiert.

Das habe ich nicht nachgemessen, es ist aber aufgefallen, dass man bezüglich der Auswirkung auf die Miller Kapazität der Endstufenröhre einen dazu analogen Effekt feststellt. Die Beschaltung des Gitter 2 mit dem Ultralinearabgriff bewirkt, auch bei geringer Prozentzahl offensichtlich, dass die abschirmende Wirkung des Schirmgitters auf die Anode weitestgehend entfällt.

Die Miller Kapazität steigt nahezu auf den Wert der Trioden Schaltung an und wirkt damit als frequenzabhängige Belastung deutlich stärker als die Pentode auf die Treiberstufe.

Dies sollte vor allem dann beachtet werden, wenn ein UL-Betrieb im Nachhinein in ein Verstärker Konzept eingefügt werden soll das für eine Pentode bzw. Strahlbündelröhre vorgesehen war die auch als solche in der Schaltung betrieben wird.

Zusammenfassung:

Die schon im Eingang dieses Textes genannten einschlägigen Publikationen beschreiben den Ultralinearbetriebs ausnahmslos als Methode zur effektiven Gesamtreduktion der Verzerrungen (THD).

Das kann aber als generelle Aussage nur in Verbindung mit der Eigenschaft der Gegentakt Endstufe, die prinzipbedingt k2 fast restlos durch Auslöschung unterdrückt gesehen werden.

Der Ultralinear-Betrieb der hier gemessenen Eintakt-Endstufe reduziert in keiner Weise die gesamten Harmonischen Verzerrungen (THD).

Es werden nur die Harmonischen 3.Ordnung zu Harmonischen 2.Ordnung transformiert. Die Summe aller Verzerrungen (THD) bleibt in erster Näherung konstant.

Auch beim Eintakt Verstärker ermöglicht der Einsatz des Ultralinearbetriebs bei geringem Verlust der zur Verfügung stehenden Leistung die akustisch weniger vorteilhaften Verzerrungen der 3.Ordnung zu reduzieren und durch klanglich angenehmere Verzerrungen 2. Ordnung zu ersetzten.

Der Ultralinearbetrieb reduziert nicht nur schon bei geringen Prozentzahlen des Abgriffs am Ausgangs Übertrager den Innenwiderstand der Endstufenröhre auf die niederen Werte der Trioden Schaltung, die Miller Kapazität der Röhre erhöht sich entsprechend und muss beim Entwurf der Treiberschaltung Berücksichtigung finden.

Ein sehr ausführliches Datenblatt zur EL84 ist die Ausgabe von Mullard (1961-64). Hier wurden Diagramme zur Pentoden-, Trioden-, sowie auch zu UL- Betriebsarten mit unterschiedlichen Abgriffen veröffentlicht, letztere allerdings nur für den Gegentakt Betrieb. Die Darstellungen des Pentoden- und Trioden Betriebs zeigen eine hohe Übereinstimmung mit den hier durchgeführten Messungen.

Über den Autor

Wolfgang Trinks schloss sein Elektronikstudium 1987 in Deutschland an der Fachhochschule Karlsruhe ab. Nachdem er in der Forschung und Entwicklung bei Beckers Autoradio in Ittersbach, Deutschland, gearbeitet hatte, wechselte er 1998 in die Luftfahrt, wo er als technischer Leiter tätig war.